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Glück am Nachmittag

An der Lindenbergschule entdecken Kinder in neuem Fach spielerisch ihre Stärken (AZ vom 20.11 2012)

Wer nachmittags in die Schule muss, hat Glück – zumindest an der Lindenbergschule: Dort hat die Ganztagesklasse 3b jetzt das neue Fach „Glück" bekommen: Darin sprechen die Neunjährigen alle zwei Wochen in 90 Minuten ihres Nachmittagsunterrichts über die wichtigen Dinge des Lebens – wie ihre Gefühle und Stärken. „Wir wollen die Kinder für das Leben stark machen", sagt Julia Welsing. Sie ist eine der beiden Glücks-Gründerinnen und kommt aus der Kinder- und Jugendarbeit im Unterallgäu. Gemeinsam mit der Kemptener Schulpsychologin Jana Kesel hat sie „Glück" entwickelt.

 Kesel findet es schön, „die Kinder für etwas begeistern zu können, das nicht im Lehrplan steht". In einer Glücksstunde erforschen die Schüler in Gruppen zum Beispiel ihre Gefühle. Lehrerin Astrid Reindl, die dritte Pädagogin im Team, teilt ihren Schützlingen dazu bunte Karten aus, auf denen unterschiedlich gelaunte kleine Wesen zu sehen sind: „Woran seht ihr denn, dass er da fröhlich ist?", fragt Reindl. „Weil er hüpft", weiß Asli. „Und seine Augen funkeln", sagt Michelle. Gemeinsam also machen die Schüler sich klar, wie Gefühle überhaupt aussehen. „Die Stärken, die alle Kinder haben, möchten wir fördern und entwickeln", erklärt Schulpsychologin Kesel. Und damit die Drittklässler nicht vergessen, was sie alles gut können, bekommen sie von ihren Lehrerinnen Kärtchen, wo genau das draufsteht: „Ich kann gut Fußball und Basketball spielen", liest Richard vor. Maxima freut sich darüber, dass sie „eine gute Freundin ist". Das ist übrigens jeweils die Meinung ihrer Mitschüler über sie. „Das Schulfach Glück an der Lindenbergschule ist derzeit einmalig in Schwaben", sagt Karl-Heinz Meyer, Sprecher der Regierung von Schwaben. Wobei an vielen Schulen die sozialen Kompetenzen von Schülern im Unterricht gestärkt würden. In Kempten geben sowohl Schulamt als auch das Amt für Jugendarbeit Geld für das Fach, das zunächst auf die Dauer eines Jahres angelegt ist. Dann werde man weitersehen. Kesel jedenfalls findet schon jetzt toll, dass sich von Schulamt über Stadt und Schulleiter Haag alle darauf eingelassen haben. Den Kindern scheint die neue Form des Unterrichts zu gefallen. Am Ende bekommen sie immer eine Glücks- statt einer Hausaufgabe: „Die machen sie sehr gerne", erzählt Kesel. Alle Schüler hätten etwa mit Begeisterung nachgeforscht, wo ihre Vornamen herkommen. Im Klassenzimmer arbeiten die Kinder dann intensiv in Kleingruppen, was die Lehrerinnen auch vor Herausforderungen stellt: „Je freier der Unterricht ist, desto lebhafter sind auch die Schüler." Zum Austoben geht die Klasse aber wiederum zwischendurch hinaus ins Freie.